81 economía HISPANO - ALEMANA Nº 3/2024 Recht dass die Verbindlichkeit des Ausschusses in der Verfassung und den Ratifizierungsurkunden verankert sei. Auch der Oberste Gerichtshof von Katalonien hat die unmittelbare Anwendung der Bestimmungen des Artikels 24 der ESC in Betracht gezogen und in einem Ausnahmefall bereits die gesetzliche Entschädigung für eine ungerechtfertigte Entlassung aufgrund der Umstände des betreffenden Falles erhöht. Zum Teil wird hieraus geschlossen, dass diese Entscheidung eine gewisse Verbindlichkeit der ESC und der Entscheidungen des ECSR beinhalten würde. In anderen Fällen hat das Gericht jedoch trotz Berücksichtigung der Charta die Forderungen nach einer Erhöhung der gesetzlichen Entschädigung nicht geprüft. Auch der Oberste Gerichtshof Spaniens hat in seinem Urteil vom 28. März 2022 festgestellt, dass die Frage der unmittelbaren Anwendbarkeit der ESC in ihrer Gesamtheit nicht sicher ist. Der Europarat selbst argumentiert, dass die Entscheidungen des ECSR, soweit sie sich auf verbindliche Rechtsvorschriften beziehen, von den betroffenen Staaten beachtet werden müssen. Da die ESC auf einem Ratifizierungssystem beruht, das den Staaten ermöglicht, Bestimmungen auszuwählen, die sie als verbindliche völkerrechtliche Verpflichtungen akzeptieren wollen, wären diese mithin eigentlich Grundlage für rechtsverbindliche Entscheidungen des ECSR. Allerdings ist die rechtliche Situation komplexer. Die Entscheidungen des ECSR sind im innerstaatlichen Rechtssystem nicht durchsetzbar. Beschwerdeführende Organisationen können nicht verlangen, dass die Entscheidungen im nationalen Recht durchgesetzt werden, wie es bei einer Gerichtsentscheidung der Fall wäre. Darüber hinaus wird teilweise angenommen, dass die Bewertungen des ECSR ohnehin keinen verbindlichen Charakter hätten. Ein zentrales Argument gegen die rechtliche Verbindlichkeit der Ausschussentscheidungen ist die Verwendung des Begriffs „Entscheidung“ nur in der Geschäftsordnung des ECSR. Die Tatsache, dass diese Verlautbarungen in der ESC und im Zusatzprotokoll von 1995 nicht als Entscheidungen bezeichnet werden, deute darauf hin, dass die Unterzeichnerstaaten beabsichtigten, diesen Schlussfolgerungen keine rechtsverbindliche Wirkung zu verleihen. Es fehlten Bestimmungen, die die Staaten verpflichten, den Äußerungen des Ausschusses Folge zu leisten. Wenn Staaten den Entscheidungen von Menschenrechtsüberwachungsgremien einen rechtsverbindlichen Charakter verleihen wollten, müssten sie dies ausdrücklich tun. Daher bestehe kein Zweifel, dass die Entscheidungen des ECSR aus formalistischer Sicht für die Vertragsstaaten nicht rechtsverbindlich seien. Das bedeutet, dass die Vertragsstaaten nicht verpflichtet seien, die Entscheidungen in ihren internen Beziehungen zu respektieren und kein internationales Unrecht begingen, wenn sie diese nicht befolgen. Das Fehlen eines zwischenstaatlichen Beschwerdemechanismus unterstütze diese Sichtweise. Die Entscheidung des ECSR wird an das Ministerkomitee des Europarats weitergeleitet, das lediglich Empfehlungen aussprechen kann. Während die Staaten verpflichtet sind, über Maßnahmen zur Umsetzung der ECSR-Beschlüsse zu berichten, ändere dies nichts an der Unverbindlichkeit der Entscheidungen. Insgesamt zeigt sich, dass die Verbindlichkeit der Entscheidungen des ECSR und die Anwendung der Sozialcharta ein komplexes Zusammenspiel rechtlicher und praktischer Aspekte darstellen. Ob und wann die spanische Regierung die Entscheidung zum Anlass zu nehmen wird, die bestehenden Regelungen zur Kündigung umfassend zu reformieren, bleibt abzuwarten. w Sophia Waßmann, Rechtsreferendarin BEREICH RECHT AHK SPANIEN 1STSJ Cataluña nº 464/2023, de 30 de enero de 2023 (rs 6219/2022, ES:TSJCAT:2023:2). 2 STSJ Cataluña nº 949/2023, de 10 de febrero de 2023 (rs 6061/2022, ES:TSJCAT:2023:1116); (rs 3268/2023, de 23 de mayo de 2023 (rs 7001/2022, ES:TSJCAT:2023:4986). 3 Sentencia nº 268/2022, de 28 de marzo de 2022 (rcud 471/2020, ES:TS:2022:1354).
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